Strom aus der Autobatterie oder Heimspeicher: Wo lohnt sich was?

E-Autos können Strom nicht nur in ihre Batterien laden, sondern auch gezielt an andere Geräte abgeben. Sie sind ein mobiler Energiespeicher auf vier Rädern. Doch wie sinnvoll ist das im Vergleich zum Heimspeicher? Und welche Rolle spielt Software dabei?

vonYannik BisanzinCleanTech

E-Autos als Heimspeicher-Alternative: im Alltag unberechenbar? 

Elektroautos sind längst kein reines Fortbewegungsmittel mehr, sondern können als mobile Energiespeicher dienen. Ihre Batterien fassen je nach Modell zwischen 30 und 100 Kilowattstunden Strom. Das ist ein Vielfaches dessen, was ein typischer Heimspeicher leisten kann. Dieses Potenzial macht sie zu einem spannenden Baustein der Energiewende: In der Theorie könnten Millionen Fahrzeuge Strom aufnehmen (z. B. wenn gerade zu viel Strom im Netz ist), speichern und bei Bedarf wieder abgeben.

Die Herausforderung an dieser Überlegung: Während ein stationärer Speicher fest installiert und rund um die Uhr verfügbar ist, steht das Auto nicht immer dort, wo die Energie gerade gebraucht wird. Es fährt, wird geladen oder parkt an Orten ohne Netzanschluss.

Die Idee vom „rollenden Stromspeicher“ ist also technisch reizvoll, aber praktisch nur dann effizient, wenn Systeme genau wissen, wann das Fahrzeug verfügbar ist und wie viel "überflüssige" Energie es aus seinem Speicher tatsächlich wieder abgeben kann. Und hier beginnt der komplizierte Part. Denn gewünschte Flexibilität trifft auf notwendige Planbarkeit. Das E-Auto bringt enorme Speicherkapazität mit, aber es ist mobil und damit "unberechenbar".

Wann lohnt sich welche Speicherlösung? 

Sowohl stationäre Speicher als auch Fahrzeugbatterien erfüllen jeweils auf ihre Weise denselben Grundgedanken: Energie dort verfügbar machen, wo und wann sie gebraucht wird.

  • Ein stationärer Speicher ist dafür gebaut, konstant verfügbar zu sein. Seine Zellen sind auf viele Teilladezyklen und moderate Belastung (meist 5 – 15 kWh) ausgelegt. Dadurch erreicht er eine hohe Lebensdauer und kann über Jahre hinweg gleichmäßig Energie puffern. Etwa, um tagsüber erzeugten Solarstrom abends im Haushalt zu nutzen. Die Systemintegration ist vergleichsweise einfach: ein fester Netzanschluss, klar definierte Lade- und Entladeparameter, seltene Lastspitzen.

  • Die Autobatterie dagegen ist dynamisch. Sie bietet ein Vielfaches an Kapazität und ist auf schnelle Ladezyklen und hohe Ströme ausgelegt. Das macht sie technisch prädestiniert für kurzfristige Energieschwankungen, aber unzuverlässig planbar. Sie steht nicht dauerhaft zur Verfügung, und intensive Lade-Entlade-Vorgänge beeinflussen den Verschleiß.

Der Schlüssel liegt in der Kombination beider Speicherformen. Während der stationäre Speicher als Grundlastpuffer agiert, kann das Fahrzeug situativ zusätzliche Kapazität bereitstellen, beispielsweise wenn besonders viel Solarstrom erzeugt oder Netzstrom teuer ist. Dieses Zusammenspiel ergibt ein hybrides Energiesystem, das sowohl Stabilität als auch Flexibilität bietet.

Welche Rolle spielt Software im Bidirektionalen Laden? 

Ob das E-Auto tatsächlich als Stromspeicher funktioniert, entscheidet sich nicht an der Hardware, sondern an der Software. Denn im Gegensatz zum stationären Speicher steht das Auto nicht planbar zur Verfügung, da es eben bewegt, geladen, abgestellt oder spontan genutzt wird. Energie zu speichern, die vielleicht in wenigen Minuten schon wieder gebraucht wird, ergibt wenig Sinn.

Genau deshalb benötigt die Energiewende Systeme, die erkennen, wann Flexibilität überhaupt möglich ist. Smarte Steuerungssysteme analysieren dafür Ladeverhalten, Standort, Fahrprofile und Tageszeit. Sie erkennen Muster, etwa, dass das Fahrzeug abends regelmäßig mehrere Stunden ungenutzt an der Wallbox steht und können darauf basierend entscheiden, wann gespeicherte Energie wieder ins Haus oder Netz abgegeben werden kann, ohne die Mobilität einzuschränken.

Die Besonderheit am E-Auto ist, dass es nicht planbar ist. Wir wissen nie genau, wann und wie lange es an einem Ort steht. Genau deshalb braucht es Software, die erkennt: Das Fahrzeug ist gerade angeschlossen, es wurde geladen und basierend auf dem Fahrverhalten der letzten Wochen kann ich davon ausgehen, dass es in den nächsten Stunden nicht bewegt wird. So kann Energie flexibel genutzt werden, ohne dass Menschen ihr Verhalten ändern müssen.”

Yannik Bisanz, Product Owner CleanTech

Wie wollen wir bei slashwhy die Energiewende alltagstauglich machen? 

Bei slashwhy betrachten wir Energie nicht als isolierte Ressource, sondern als komplexes System aus Daten, Entscheidungen und Interaktionen. Strom fließt längst nicht mehr nur durch Leitungen, sondern durch eine Softwarelogik, die bestimmt, wo, wann und wie die Energie genutzt wird.

Unsere Aufgabe ist es, diese Komplexität beherrschbar zu machen. Wir entwickeln Software, die Energieflüsse versteht, vernetzt und vorausschauend steuert. Ein Beispiel dafür ist unsere Zusammenarbeit mit Electrofleet, in der wir Software für intelligentes Batteriemanagement entwickeln.

Das Ziel in diesem Projekt: Speicher nicht einfach nur betreiben, sondern sie aktiv in ihr Umfeld wie Gebäude, Fahrzeuge oder Netze einzubetten. So entsteht ein System, das selbstständig erkennt, wann Energie gespeichert, genutzt oder ins Netz zurückgeführt werden sollte. Genau das ist für uns der Schlüssel zur Energiewende im Alltag: Technologie, die sich an reale Bedingungen anpasst.

Über den Autor

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    Über Yannik Bisanz

    Yannik ist Product Owner in der CleanTech Crew bei slashwhy. Mit seiner Leidenschaft für nachhaltige Technologien begleitet er innovative Softwareprojekte an der Schnittstelle von Energie, Mobilität und Digitalisierung. Dabei bringt er technisches Verständnis und strategischen Blick zusammen, um Ideen in nutzbare Anwendungen zu übersetzen und so den Wandel zu einer nachhaltigeren Zukunft aktiv mitzugestalten.