Mehr als nur Strom: Wie aus Windparks Datenparks werden

Beim "Hasewind Digital - powered by slashwhy" Barcamp in Osnabrück wurde deutlich: Die Energiewende ist längst auch eine Datenwende. Windräder stehen nicht mehr nur für Stromproduktion, sondern aufgrund von immer mehr Sensoren auch für das Sammeln von Daten bereit. Im Video sprechen wir mit Expertin Sabine Bulthaupt über das Potenzial von Windrädern als Sensorplattform und warum Daten künftig so wichtig wie der Wind selbst sein könnten.

21. Oktober 2025, vonJohannes Kasch & Sabine BulthauptinCleanTech & Gastbeitrag

Daten als positiver Nebeneffekt der Windkraft?

Was früher eine mechanische Turbine war, ist heute ein hochvernetztes IoT-System mit Dutzenden Sensoren und intelligenten Steuerungen. Jede Bewegung, jede Schwingung, jede Temperaturabweichung wird gemessen und in Echtzeit analysiert. Diese Daten bilden die Grundlage für eine vorausschauende Wartung, auch Predictive Maintenance genannt. Dabei werden Unregelmäßigkeiten frühzeitig erkannt, bevor es zu Ausfällen kommt. So lassen sich Wartungsintervalle optimieren, Betriebskosten senken und die Lebensdauer der Anlagen deutlich verlängern.

Doch Windräder liefern weit mehr als Betriebsdaten. Auch Umweltdaten werden erfasst: Windrichtung, Luftdruck, Temperatur oder Feuchtigkeit. Sie sind essenziell, um Energieertrag und Standortbedingungen zu verstehen, etwa für Netzplanung, Energiehandel oder die Integration in Smart Grids.

Und immer häufiger kommen Biodiversitätsdaten hinzu. Kameras, akustische Sensoren oder Drohnen dokumentieren Vogel- und Fledermausbewegungen, bei Offshore-Anlagen auch Meerestiere. Ziel ist es, die ökologischen Auswirkungen von Windparks messbar zu machen und naturschonende Betriebsweisen zu entwickeln.

Potenziale von "Windkraft-Daten"

Die wachsende Zahl an Sensoren verwandelt Windenergieanlagen in Datenknoten des Energiesystems. In Kombination mit Künstlicher Intelligenz (KI), Cloud-Plattformen und Digital Twins entstehen digitale Abbilder ganzer Windparks. Diese Modelle helfen, Betriebszustände zu simulieren, Wartungseinsätze zu planen oder die Energieproduktion auf Basis von Wetterprognosen zu optimieren.

Offene oder standardisierte Schnittstellen könnten langfristig dazu beitragen, dass Windenergieanlagen nicht nur Energie, sondern auch Wissen für viele andere Branchen liefern.

Drei zentrale Anwendungsfelder:

  1. Effizienz & Wartung
    KI-Algorithmen erkennen Muster in Vibrations- oder Leistungsdaten, die auf Verschleiß hindeuten. So wird Wartung planbar statt reaktiv.

  2. Forschung & Umweltschutz
    Daten aus akustischen Sensoren oder Kameras unterstützen Umweltforschung, Vogelschutz und das Verständnis ökologischer Wechselwirkungen.

  3. Energievernetzung & Systemintegration
    Kombiniert mit Netzlast- und Wetterdaten ermöglichen sie präzisere Vorhersagen, Lastmanagement und eine intelligentere Verknüpfung erneuerbarer Quellen.

Darüber hinaus entsteht durch die Vielzahl dieser Messwerte ein enormes sekundäres Nutzungspotenzial: Wenn Betreiber, Forschungseinrichtungen oder Behörden Datensätze gezielt teilen, können daraus neue Erkenntnisse für Artenschutz, Klimaforschung oder Netzplanung gewonnen werden.

Foto-Eindrücke vom "Hasewind Digital – powered by slashwhy" Barcamp in Osnabrück

Herausforderungen auf dem Weg zum Wind- & Datenpark

Mit der Datenflut wachsen auch die Anforderungen an Technik, Organisation und Zusammenarbeit:

Standardisierung & Interoperabilität

Unterschiedliche Hersteller, Sensoriksysteme und Plattformen erschweren den Datenaustausch. Es fehlen noch verbindliche Standards, um Daten aus verschiedenen Quellen effizient zusammenzuführen und auszuwerten.

Datenhoheit & Zugriffsrechte

Die Frage, wem welche Daten gehören und wer sie nutzen darf, ist weiterhin ungeklärt. Betreiber, Wartungsfirmen, Forschungseinrichtungen und Behörden verfolgen unterschiedliche Interessen – und nicht immer ist klar, wo Transparenz endet und Wettbewerb beginnt.

Datenqualität & Kontext

Rohdaten sind nur dann wertvoll, wenn sie korrekt, vollständig und kontextualisiert sind. In der Praxis fehlen oft einheitliche Messverfahren und Metadaten, um Ergebnisse zwischen Anlagen oder Standorten vergleichbar zu machen.

Energiebedarf & Wirtschaftlichkeit

Sensorik, Datenübertragung und Cloud-Verarbeitung verbrauchen selbst Energie. Nachhaltigkeit bedeutet deshalb auch, die digitale Infrastruktur effizient zu gestalten und ihren ökologischen Fußabdruck mitzudenken.

Trotz dieser offenen Punkte überwiegen die Chancen: Mit klaren Standards, offenen Plattformen und verantwortungsvoller Datennutzung kann aus jedem Windpark ein intelligentes, vernetztes System werden und damit ein echter Treiber der Energiewende.

Fazit: Energie und Daten gehören zusammen

Windräder liefern heute weit mehr als Strom: Sie erzeugen Daten, die Wartung, Netzplanung und Umweltforschung messbar verbessern. Rund um diese Informationen entstehen zunehmend digitale Infrastrukturen, in denen Betreiber, Hersteller und Forschungseinrichtungen Daten für gemeinsame Analysen nutzen – etwa zur Zustandsüberwachung, Leistungsoptimierung oder Umweltbeobachtung.

In Zukunft werden Windparks stärker vernetzt agieren: Ihre Daten fließen in Smart Grids, virtuelle Kraftwerke und Wettermodelle ein. So entsteht ein präziseres Verständnis darüber, wie Energieerzeugung, Speicherung und Verbrauch ineinandergreifen.

Software bildet dabei das Rückgrat dieser Entwicklung. Sie sammelt, filtert und analysiert Messdaten, erkennt Muster und übersetzt sie in konkrete Entscheidungen, vom optimalen Wartungszeitpunkt bis zur effizienten Netzeinspeisung.

So wird aus Windenergie ein digital gesteuertes System und aus der Energiewende ein Prozess, der zunehmend datenbasiert und intelligent abläuft.

Über die Autoren

  • johannes-kasch

    Über Johannes Kasch

    Komplizierte Themen aus der Digitalwirtschaft möglichst einfach erklären und emotional aufladen: Diese Mission verfolgt Johannes Kasch in seiner täglichen Arbeit bei slashwhy. Als Content Marketing Specialist ist er z.B. in unsere Social Media Profile und diesen Blog involviert. Mit 10 Jahren Erfahrung in Medienproduktion, Brand Building und Redaktion unterstützt der studierte Kommunikationswissenschaftler unsere Branchenexpert:innen beim Vermitteln von Fachwissen oder gibt unseren Leser:innen Einblick in spannende Software-Projekte.

  • Thumbnail-Foto von Sabine Bulthaupt beim "Hasewind Digital  – powered by slashwhy" Barcamp

    Über Sabine Bulthaupt

    Immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen, neugierig und offen für innovative Lösungen in der Weiterentwicklung von erneuerbaren Energien, das ist Sabine Bulthaupt: Seit fast 20 Jahren unterwegs in der Branche der erneuerbaren Energien. Hier sammelte sie vielfältige Erfahrungen bei namhaften Unternehmen wie Repower, Senvion und Enercon. Seit vier Jahren arbeitet sie bei der wpd onshore GmbH im Bereich Standortmanagement. Darüber hinaus ist Sabine Bulthaupt seit drei Jahren als freie Mitarbeiterin und zertifizierte Drohnenpilotin Teil des Teams von #skydatadetection. In dieser Funktion unterstützt sie das Team in den Bereichen der Dokumentation von Drohnen erfasster Daten, Marketing und Vertrieb.