FAQ: Alles was du über Human Machine Interfaces (HMI) wissen musst
Ein HMI ist deutlich mehr als das Interface einer Maschine. Es entscheiden darüber, wie intuitiv, sicher und effizient eine Anlage im Alltag genutzt wird und prägt damit das Nutzungserlebnis ebenso wie die Produktivität. Dieses FAQ zeigt, worauf es beim Thema HMI wirklich ankommt: von der Technologieauswahl über Designprinzipien bis hin zu Zukunftstrends.
HMI: Vom ersten Verständnis bis zu konkreten Use-Cases
Das Human Machine Interface (HMI) ist die zentrale Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine und damit ein entscheidender Erfolgsfaktor für moderne Anlagen. Während früher einfache Bedienpanels mit Knöpfen und Anzeigen ausreichten, stehen heute nutzerzentrierte, vernetzte und optisch anspruchsvolle Systeme im Fokus.
In diesem FAQ beantworten wir die häufigsten Fragen rund um das Thema HMI: von technischen Grundlagen über UX-Design und Integration bis hin zu Trends wie Gestensteuerung, Sprachbedienung und Augmented Reality. Unser Ziel ist es, Orientierung bei den grundlegenden Fragen zu geben: Was ist heute Stand der Technik? Wo liegen typische Stolpersteine? Und wie lassen sich HMIs so entwickeln, dass sie langfristig flexibel, sicher und wettbewerbsfähig bleiben?
Der Artikel wird laufend erweitert. Wenn Du eine Frage hast, die hier noch fehlt, freuen wir uns über eine kurze Nachricht. Nutze dafür gern das Kontaktformular unten auf der Seite.
Kapitel 1
Grundverständnis und Einstieg ins Thema HMI
Was ist ein Human Machine Interface (HMI) und warum ist es so wichtig im Maschinenbau?
Ein Human Machine Interface (HMI) ist die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Es ist das Bedien- und Anzeigesystem, über das Anwender:innen mit einer Anlage interagieren. Der Umfang variiert je nach Anwendungsfall und Maschine. Von einfachen Displays bis hin zu komplexen Touchscreens, webbasierten Dashboards oder mobilen Apps ist alles möglich.
Im Maschinenbau begegnen dir HMIs in vielen Formen:
an Spritzgießmaschinen, wo Bediener:innen Temperaturen, Drücke und Zykluszeiten einstellen,
an CNC-Maschinen, um Programme zu laden, Werkzeuge zu wechseln oder Prozesse zu überwachen,
an Abfüll- und Verpackungslinien, wo Schichtführer:innen die Produktion starten, stoppen oder umstellen,
oder in Roboterzellen, die über ein HMI eingerichtet und überwacht werden.
Klassische Anwender:innen von HMIs reichen dabei vom Maschinenbediener an der Linie über die Instandhaltung, die Störungen behebt, bis hin zur Produktionsleitung, die über Dashboards den Überblick behält. Warum ist das so wichtig? Ein gutes HMI sorgt für:
Effizienz: klare Visualisierungen und einfache Navigation sparen Zeit.
Sicherheit: Zustandsanzeigen und Warnmeldungen verhindern Fehlbedienungen.
Qualität:weniger Bedienfehler bedeuten weniger Ausschuss und höhere Prozesssicherheit.
Service: Zustands- und Wartungsinformationen erleichtern Reparaturen und Remote-Support.
Kundenzufriedenheit: intuitive Bedienung wird heute als Standard erwartet und ist ein Verkaufsargument.
Das „Gegenteil“ eines HMI wäre die rein manuelle Steuerung über Schalter, Drehknöpfe oder Kabel - eine Arbeitsweise, die bei heutigen komplexen Anlagen kaum noch praktikabel ist. HMIs machen Maschinen nicht nur steuerbar, sondern auch verständlich.
Worin unterscheiden sich klassische Bedienpanels und moderne HMIs?
Klassische Bedienpanels sind in vielen Betrieben noch im Einsatz: kleine Displays mit fest programmierten Masken, oft monochrom oder mit einfachen Symbolen. Die Steuerung erfolgt meist über Tasten oder Drehregler direkt am Panel. Sie sind robust und zweckmäßig, aber in ihrer Darstellung stark begrenzt. Änderungen im Layout oder zusätzliche Funktionen lassen sich nur mit erheblichem Aufwand umsetzen.
Moderne HMIs gehen weit darüber hinaus:
Technologie: statt statischer Masken kommen webbasierte Oberflächen (HTML5, moderne JavaScript-Frameworks) zum Einsatz, die sich flexibel gestalten lassen und auf unterschiedlichen Endgeräten laufen.
Usability: Multitouch, Gesten oder sogar Sprachsteuerung machen komplexe Maschinen intuitiver bedienbar. Bedienlogiken, die man aus der Consumer-Welt kennt, halten Einzug in die Industrie.
Visualisierung: Daten, Alarme und Trends werden interaktiv und kontextbezogen dargestellt. Probleme springen sofort ins Auge, statt in Zahlenkolonnen versteckt zu sein.
Flexibilität: Oberflächen lassen sich an Rollen anpassen: Maschinenbediener:innen sehen andere Infos als Instandhalter oder Produktionsleiter:innen.
Mobilität: moderne HMIs sind nicht mehr ans Panel vor der Maschine gebunden, sondern laufen auch auf Tablets oder Remote-Clients.
Beispiel aus der Praxis: An einer Abfüllmaschine zeigt ein klassisches Panel vielleicht nur Füllstand und Temperatur. Ein modernes HMI hingegen ermöglicht das Umstellen von Rezepturen per Touch, stellt Energieverbräuche transparent dar und erlaubt Servicetechniker:innen, per Tablet auch aus der Ferne auf die Linie zuzugreifen.
Vorteile von HMIs gegenüber klassischen Bedienpanels: Unserer Erfahrung nach zeigt sich in Projekten mit Maschinenbauern besonders deutlich, dass Bedienfehler zurückgehen, die Einarbeitung neuer Mitarbeitender kürzer wird und Serviceprozesse reibungsloser laufen. Einfach weil das HMI verständlicher und flexibler ist.
Welche Beispiele für HMI-Anwendungen gibt es?
HMIs begegnen dir in nahezu allen Bereichen des Maschinen- und Anlagenbaus:
In CNC- und Werkzeugmaschinen steuern Bediener:innen Programme, passen Bearbeitungsparameter an und überwachen den Zustand von Werkzeugen.
An Spritzgieß- oder Pressmaschinen dienen HMIs dazu, Temperaturen, Drücke und Zykluszeiten präzise einzustellen und laufend im Blick zu behalten.
In Abfüll- und Verpackungslinien ermöglichen HMIs das schnelle Wechseln von Rezepturen, die Überwachung der Linienauslastung und das Erkennen von Störungen in Echtzeit.
Bei Roboterzellen oder Prüfständen werden über HMIs Sicherheitszonen definiert, Programme angepasst und Qualitätsdaten direkt visualisiert.
Auch in Hilfsaggregaten wie Kühlanlagen, Fördertechnik oder Energiemanagementsystemen schaffen moderne HMIs Transparenz und ermöglichen eine präzisere Überwachung, wo früher oft nur analoge Anzeigen vorhanden waren.
Unserer Erfahrung nach profitieren hier nicht nur Unternehmen, sondern vor allem die Menschen, die täglich mit diesen Systemen arbeiten: Bediener:innen erkennen sofort, wenn eine Förderstrecke blockiert ist, Servicetechniker:innen sehen auf einen Blick, ob eine Kühlanlage an ihre Grenzen kommt, und Produktionsleiter:innen können Lastspitzen im Energieverbrauch nachvollziehen. Ein modernes HMI sorgt also dafür, dass Probleme nicht mehr verborgen bleiben und Nutzer:innen schneller und sicherer reagieren können.
Welche Vorteile bringt ein modernes HMI für Bediener:innen, Service und Produktion?
Ein modernes HMI ist weit mehr als eine „schönere Oberfläche“. Es wirkt sich direkt auf Effizienz, Sicherheit und Qualität im Alltag aus - und zwar für alle, die mit der Maschine arbeiten:
Vorteile von HMI für Bediener:innen:
Für Bediener:innen bedeutet es weniger Fehlbedienungen und kürzere Einarbeitungszeiten. Intuitive Navigation, klare Visualisierungen und bekannte Bedienmuster aus der Consumer-Welt (z. B. Touch- oder Wischgesten) erleichtern den Alltag erheblich. In unseren Projekten mit Maschinenbauern hören wir oft, dass neue Mitarbeiter:innen deutlich schneller produktiv werden, wenn die Bedienung einer Maschine selbsterklärend ist.
Vorteile von HMI für Servicetechniker:innen:
Für Servicetechniker:innen schaffen moderne HMIs Transparenz. Statt nur kryptische Fehlercodes zu sehen, liefern Dashboards konkrete Hinweise zu Ursachen und Lösungswegen. Störungen lassen sich so gezielter beheben, im besten Fall sogar aus der Ferne. Das spart nicht nur Zeit, sondern reduziert auch Anfahrten und Stillstandskosten.
Vorteile von HMI für die Produktionsleitung:
Für die Produktionsleitung liefern HMIs wertvolle Daten zu Auslastung, Energieverbrauch und Qualitätskennzahlen. Entscheidungen müssen nicht mehr auf Erfahrungswerten basieren, sondern können auf verlässlichen Echtzeitdaten getroffen werden.
Unserer Erfahrung nach wird der größte Nutzen oft erst sichtbar, wenn man alle Perspektiven zusammennimmt: Bediener:innen machen weniger Fehler, Servicetechniker:innen arbeiten effizienter und die Produktionsleitung hat bessere Entscheidungsgrundlagen. Dieses Zusammenspiel sorgt dafür, dass moderne HMIs einen messbaren Beitrag zur Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit leisten.
Kapitel 2
Empfehlungen für HMI Technik & Usability
Was macht ein gutes HMI-Design aus und wie bleibt es auch bei komplexen Maschinen intuitiv bedienbar?
Ein gutes HMI-Design hat ein klares Ziel: Maschinen so verständlich zu machen, dass sie sicher, effizient und fehlerfrei bedient werden können. Der Schlüssel dafür liegt in Nutzerzentrierung, also im konsequenten Fokus auf die Menschen, die täglich mit der Maschine arbeiten. Dafür spielen UX- (User Experience) und UI-Design (User Interface) eine zentrale Rolle:
Klarheit statt Überladung: Anzeigen konzentrieren sich auf das Wesentliche. Bediener:innen müssen sofort erkennen, was kritisch ist. Standards wie ISA-101 unterstützen dabei, Alarme visuell klar zu priorisieren.
Konsistenz: Symbole, Farben und Navigation müssen einheitlich sein. In unseren Projekten mit Maschinenbauern zeigt sich immer wieder: Inkonsistentes UI führt direkt zu Bedienfehlern.
Rollenbasierte Informationen: Schichtführer:innen, Servicetechniker:innen und Produktionsleiter:innen benötigen unterschiedliche Ansichten. Durch rollenbasiertes UX-Design reduziert sich die Komplexität für jede Zielgruppe.
Bekannte Muster nutzen: Elemente aus der Consumer-Welt (Touch, Wischgesten, klare Icons) erleichtern den Einstieg. Neue Mitarbeitende werden so schneller produktiv.
Kontextbezug: Anstelle kryptischer Fehlercodes liefert ein nutzerzentriertes HMI klare Hinweise, z. B. „Ventil X blockiert, bitte reinigen“.
Gerade bei komplexen Maschinen gilt: Intuitiv bedeutet nicht „simpel“. Ein gutes UX-Design führt die Nutzer:innen schrittweise durch Prozesse und blendet zusätzliche Informationen nur dann ein, wenn sie wirklich gebraucht werden.
Unserer Erfahrung nach entsteht das beste HMI-Design, wenn UX/UI-Designer:innen von Anfang an eng mit Bediener:innen und Servicepersonal zusammenarbeiten. Wer die echten Arbeitsabläufe versteht, kann Oberflächen so gestalten, dass sie Komplexität reduzieren, statt sie sichtbar zu machen.
Welche Technologien und Frameworks sind heute State of the Art in der HMI-Entwicklung?
Moderne HMIs setzen stark auf offene Web-Technologien. Das ermöglicht geräteunabhängige Oberflächen (Panel, PC, Tablet) und eine saubere IT-Integration.
Web-Stack (HTML5, CSS, JavaScript/TypeScript)
Webfähige HMIs laufen im Browser; aktuelle HMI-Runtimes verlangen explizit HTML5-fähige Browser bzw. erlauben Browser-Zugriff auf Panels (z. B. Siemens WinCC Unified).
UI-Frameworks (Angular, React, Vue)
Bei individuellen HMIs nutzen Teams gängige Web-Frameworks, teils auch als Frontend vor einer OT-Plattform (z. B. React-Frontend vor Ignition).
HMI/SCADA-Plattformen mit offener Architektur
Beispiele: WinCC Unified (Web-Runtime, Custom Web Controls) und Ignition (OPC UA/MQTT, offene APIs, SQL-Anbindung). Beide kombinieren fertige HMI-/SCADA-Bausteine mit Erweiterbarkeit.
Low-Code/No-Code-Ansätze
Kommen für schnelle Prototypen zum Einsatz; bei sehr spezifischen Anforderungen greifen Teams oft doch zu Code-Erweiterungen oder voll individuellen UIs (siehe „Custom Web Controls“/Web-Frontends).
Integrationsstandards für Datenzugang
OPC UA als herstellerübergreifender Interop-Standard im Industrieumfeld; MQTT (häufig mit Sparkplug B) für leichte, skalierbare Publish/Subscribe-Anbindungen Richtung IT/Cloud.
Unserer Erfahrung nach wählen Teams den Stack so: Plattform (z. B. WinCC Unified oder Ignition) für schnelle, robuste Basis-Funktionen und Web-Framework (z. B. React/Angular) für differenzierende, UX-starke Oberflächen oder spezielle Integrationen. Entscheidend ist weniger „welches Framework“, sondern dass das Ergebnis nutzerzentriert, wartbar und sauber integrierbar bleibt.
Welche Aspekte werden bei HMI-Projekten oft unterschätzt oder vergessen?
In vielen HMI-Projekten liegt der Fokus zunächst auf Funktionen und Datenintegration. Doch in der Praxis scheitern Oberflächen oft an scheinbar „kleinen“ Details, die später den Unterschied machen.
Nutzerzentrierung
Eines der größten Risiken ist, Bediener:innen und Servicepersonal nicht früh genug einzubeziehen. Unserer Erfahrung nach entstehen die meisten Bedienfehler nicht durch fehlende Funktionen, sondern durch unklare Navigation oder inkonsistente Symbole. Ein HMI, das am Schreibtisch entworfen wird, ohne die reale Nutzung zu verstehen, wird selten akzeptiert.
Alltagsbedingungen
In Produktionsumgebungen wird mit Handschuhen gearbeitet, Maschinen stehen im Staub oder bei wechselnden Lichtverhältnissen. Ein HMI, das im Büro hell und klar wirkt, kann in der Halle unlesbar sein. Solche Umgebungsfaktoren werden häufig übersehen.
Alarm- und Meldelogik
Wenn zu viele Warnmeldungen auftauchen oder sie nicht klar priorisiert sind, stumpfen Nutzer:innen ab. In Projekten sehen wir immer wieder, dass ein durchdachtes Alarmkonzept entscheidend ist. Es geht nicht die Anzahl der Meldungen, sondern ihre Verständlichkeit.
Hardware- und Performance-Limits
Embedded HMIs laufen oft auf Panels mit begrenzter Rechenleistung. Animierte 3D-Grafiken oder zu viele gleichzeitige Datenfeeds können Systeme ausbremsen. Wer das im Design nicht berücksichtigt, erlebt später Frust bei den Nutzer:innen.
Wartbarkeit und Updates
Ein HMI ist kein Einmalprojekt. Sicherheits-Patches, neue Schnittstellen oder Produktvarianten müssen langfristig berücksichtigt werden. Wird das Thema früh ignoriert, entstehen später teure Umbauten.
Kapitel 3
Integration & Betrieb von modernen HMIs
Wann lohnt sich der Umstieg von einem klassischen Bedienpanel auf ein modernes HMI?
Ein klassisches Bedienpanel erfüllt oft nur Grundfunktionen: Knöpfe, Drehregler und kleine Displays mit fest einprogrammierten Anzeigen. Sie sind robust, aber in heutigen Produktionsumgebungen schnell am Limit.
Ein Umstieg auf ein modernes HMI lohnt sich, wenn:
Bedienung einfacher werden soll: statt kryptischer Anzeigen erhalten Bediener:innen klare Visualisierungen, intuitive Navigation und Touch-Bedienung.
Prozesse transparenter werden müssen: etwa durch Trendkurven, Alarme oder KPIs in Echtzeit.
Integration gefragt ist: klassische Panels sind meist isoliert, während HMIs Daten in ERP-, MES- oder Cloud-Systeme bringen können.
Neue Services geplant sind: Remote-Zugriff, mobile Apps oder Predictive Maintenance lassen sich nur mit modernen HMIs umsetzen.
Unserer Erfahrung nach ist der Umstieg besonders für Maschinenbauer sinnvoll, die ihre Produkte zukunftsfähig machen wollen. Kunden erwarten heute Bedienoberflächen, die sich so leicht erschließen wie ein Smartphone. Ein klassisches Panel kann das nicht leisten.
Wann lohnt sich die Modernisierung eines bestehenden HMI-Systems?
Ein HMI-System sollte modernisiert werden, wenn es den Arbeitsalltag bremst oder Sicherheitsrisiken birgt. Typische Signale aus der Praxis sind:
Für Bediener:innen: lange Reaktionszeiten, unübersichtliche Masken oder fehlende Funktionen wie Zoom, Trends oder mobile Nutzung.
Für den Service: keine klaren Diagnosedaten, nur Fehlercodes ohne Kontext sowie fehlender Remote-Zugriff, wodurch Reparaturen unnötig lange dauern.
Für die IT: fehlende Sicherheits-Updates, keine Anbindung an aktuelle Netzwerke oder Schwierigkeiten beim Rechte-Management.
Für das Unternehmen: steigende Wartungskosten, weil Ersatzteile oder Support für die HMI-Hardware/Software auslaufen.
Unserer Erfahrung nach ist der Punkt zur Modernisierung dann erreicht, wenn die Schwächen im Alltag messbare Kosten verursachen – sei es durch längere Stillstände, hohen Schulungsaufwand oder Sicherheitslücken. Die Investition in ein neues HMI-System macht sich in solchen Fällen meist schnell bezahlt, weil Bedienung, Service und IT spürbar entlastet werden.
Welche Herausforderungen bringen Embedded Hardware-Limits mit sich für moderne HMIs?
Viele HMIs im Maschinenbau laufen nicht auf leistungsstarken Industrie-PCs, sondern auf embedded Panels mit begrenztem Speicher, schwächeren Prozessoren und eingeschränkter Grafikleistung. Das bringt besondere Herausforderungen mit sich:
Performance und Reaktionszeiten: Wenn zu viele Daten gleichzeitig verarbeitet oder aufwendig visualisiert werden, reagiert das HMI spürbar langsamer. Bediener:innen erleben dann Verzögerungen beim Tippen oder Navigieren. Ein Problem, das in der Produktion schnell für Frust sorgt.
UI-Design unter Ressourcenbeschränkung: Hochauflösende 3D-Modelle oder animierte Dashboards sehen zwar beeindruckend aus, können aber die Hardware überlasten. In unseren Projekten achten wir deshalb darauf, Visualisierungen gezielt zu vereinfachen, ohne an Verständlichkeit zu verlieren.
Updatefähigkeit: Embedded Systeme haben oft enge Grenzen, was Betriebssystem-Updates oder Sicherheits-Patches angeht. Das macht es schwieriger, sie langfristig sicher und kompatibel zu halten.
Speicher und Logging: Große Mengen historischer Daten oder Alarme können auf dem Panel selbst nicht dauerhaft gespeichert werden. Eine saubere Architektur mit Backendsystemen (z. B. Edge-Server oder Cloud) ist deshalb wichtig.
Integration neuer Technologien: Features wie Gestensteuerung, Spracherkennung oder AR benötigen zusätzliche Rechenleistung. Auf Embedded Panels sind diese nur eingeschränkt oder gar nicht realisierbar, wenn nicht schon bei der Hardwareplanung vorgesorgt wird.
Unserer Erfahrung nach gilt: Die Kunst bei Embedded HMIs besteht darin, das richtige Gleichgewicht zu finden. Schlankes, nutzerzentriertes UI-Design auf dem Panel selbst und eine saubere Anbindung an leistungsstärkere Systeme im Hintergrund. Wer von Anfang an die Hardware-Limits kennt und im Design berücksichtigt, verhindert spätere Engpässe und sorgt für eine flüssige Bedienerfahrung.
Welche Herausforderungen gibt es bei Sicherheit, Updates und langfristigem Betrieb?
Ein HMI ist kein Einmalprojekt, sondern begleitet eine Maschine oft über viele Jahre. Genau deshalb sind Sicherheit, Updates und Betrieb zentrale Themen (und gleichzeitig häufig unterschätzt).
Sicherheit
Viele ältere HMIs laufen auf proprietären Plattformen oder alten Betriebssystemen, die keine aktuellen Sicherheits-Patches mehr erhalten. Das macht sie anfällig für Cyberangriffe. Auch ungesicherte Netzwerkzugänge oder fehlendes Rechte-Management sind typische Schwachstellen, die wir in Projekten regelmäßig sehen.
Updates
Anders als bei einer Smartphone-App lassen sich HMI-Systeme nicht beliebig aktualisieren. Firmware, Betriebssystem und HMI-Software müssen perfekt zusammenspielen, denn ein fehlerhaftes Update kann im schlimmsten Fall die Maschine stilllegen. Deshalb braucht es klare Update-Strategien, abgestimmt mit IT, OT und Service.
Langfristiger Betrieb
Ein HMI muss oft länger laufen, als die zugrunde liegende Hardware am Markt verfügbar ist. Ersatzteile, Software-Support und Kompatibilität mit neuen Schnittstellen sind über die Jahre ein Risiko. Wer bei der Planung nicht vorsorgt, steht später vor teuren Umrüstungen.
Unserer Erfahrung nach ist es entscheidend, früh auf eine Architektur zu setzen, die Wartbarkeit und Erweiterbarkeit unterstützt. Das kann z. B. heißen: Trennung von Visualisierung (Frontend) und Logik (Backend), Nutzung offener Standards wie OPC UA oder eine klare Roadmap für Sicherheits-Updates. So bleibt das HMI über Jahre sicher, aktuell und wirtschaftlich.
Kapitel 4
Strategie, Vorteile und Trends im HMI-Bereich
Make or Buy: Standard-HMI oder individuelle Entwicklung?
Die Entscheidung zwischen Standard-HMI-Lösung und individueller Entwicklung hängt stark von den Anforderungen und Zielen ab.
Standard-HMI
Plattformen wie WinCC Unified oder Ignition bringen viele Funktionen „out of the box“ mit. Sie sind ideal, wenn die Anforderungen eher klassisch sind, also Maschinendaten visualisieren, Alarme darstellen, einfache Rezepte wechseln. Standardlösungen sind meist schneller einzuführen, bieten Support durch Hersteller und lassen sich über Skripte oder Module anpassen. Ihr Nachteil: Die Oberfläche wirkt oft austauschbar, und die Flexibilität endet dort, wo die Plattform Grenzen setzt.
Individuelle HMI-Entwicklung
Wenn ein Unternehmen sich durch besondere Bedienkonzepte, differenzierende UX/UI-Designs oder neue Geschäftsmodelle abheben will, stoßen Standards schnell an ihre Grenzen. Beispiele sind rollenbasierte Dashboards, nahtlose Integration in Kundensysteme oder mobile/AR-Lösungen. Hier kommt individuelle Software ins Spiel, oft als Frontend auf Basis von React oder Angular, angebunden an eine industrielle Plattform im Hintergrund.
Unserer Erfahrung nach gibt es häufig Mischformen: Ein Standard-HMI dient als solide Basis, während bestimmte Funktionen oder Oberflächen individuell entwickelt werden. Zum Beispiel, um sich im Markt zu differenzieren oder spezielle Prozesse abzubilden. Ob eine solche Hybridlösung sinnvoll ist und wie groß der individuelle Anteil ausfallen sollte, hängt stark von den Zielen des Unternehmens ab: Soll vor allem die Zeit bis zum Rollout kurz sein, spricht vieles für Standard. Geht es dagegen um ein Alleinstellungsmerkmal oder besondere Bedienkonzepte, gewinnt der individuelle Anteil an Gewicht.
Wie können moderne HMIs Wettbewerbsvorteile schaffen?
Moderne HMIs sind längst mehr als ein Bedienpanel. Sie beeinflussen, wie Maschinen im Alltag genutzt werden, und können so direkt den Ausschlag in Kaufentscheidungen geben.
Bedienbarkeit als Zusatzfaktor
Natürlich spielt die Maschinenleistung die Hauptrolle in jeder Kaufentscheidung. Aber in unserer Erfahrung gilt: Wenn mehrere Anbieter technisch vergleichbar sind, kann die Bedienbarkeit den Ausschlag geben. Ein HMI, das klar strukturiert ist und bekannte Bedienmuster aus der Consumer-Welt nutzt, verkürzt die Einarbeitungszeit und reduziert Fehlerquoten. Für Maschinenbauer kann genau das ein entscheidendes Argument im Vertriebsgespräch sein, gerade in Branchen wie Verpackung oder Druck, wo Bediener:innen regelmäßig wechseln und schnelle Anlernzeiten gefragt sind.
Servicequalität sichtbar machen
Ein HMI, das Fehler nicht nur meldet, sondern Ursachen verständlich darstellt, spart Servicekosten und erhöht die Verfügbarkeit. Ein Beispiel aus Projekten: Servicetechniker:innen konnten durch klare Fehlerdiagnosen die Zahl unnötiger Anfahrten deutlich reduzieren. Diesen Vorteil merken Endkunden sofort.
Neue Geschäftsmodelle ermöglichen
Über moderne HMIs lassen sich Zusatzservices wie Remote-Support oder Pay-per-Use-Modelle überhaupt erst umsetzen. Ein Spritzgießmaschinenbauer kann seinen Kunden so transparente Nutzungsdaten bereitstellen und die Abrechnung nach produzierten Teilen gestalten. Dieses Modell währe ohne HMI-Integration nicht realisierbar.
Produktionsdaten für Entscheider:innen
Für Produktionsleiter:innen wird das HMI zur Steuerzentrale. Sie sehen auf einen Blick Auslastungen, Energieverbräuche oder Qualitätsabweichungen. Damit lassen sich Engpässe gezielt angehen. Genau diese Transparenz verschafft einem Maschinenbauer einen Vorsprung gegenüber Wettbewerbern, die nur Rohdaten liefern.
Unserer Erfahrung nach gilt: Moderne HMIs sind kein „nice to have“, sondern ein Faktor, der über Kundenzufriedenheit, Servicekosten und letztlich auch den Vertriebserfolg entscheidet.
Welche Trends prägen aktuell die HMI-Entwicklung (z. B. Multitouch, Gesten, AR, Voice)?
Die HMI-Entwicklung im Maschinenbau orientiert sich zunehmend an Technologien, die Nutzer:innen aus dem Alltag kennen und überträgt diese in die industrielle Umgebung. Wichtige Trends sind:
Multitouch und Gestensteuerung
Bediener:innen erwarten heute, dass ein Panel ähnlich reagiert wie ihr Smartphone. Wischgesten, Zoom oder Drag-and-Drop erleichtern den Umgang mit komplexen Prozessen. Erste Pilotprojekte setzen sogar auf berührungslose Gestensteuerung. Das gilt vor allem in hygienekritischen Bereichen wie Lebensmittel- oder Pharmaindustrie.
Sprachsteuerung
Sprachinterfaces halten Einzug, wo Bediener:innen die Hände frei haben müssen. In lauten Produktionsumgebungen ist die Umsetzung noch eine Herausforderung, doch die Technologie entwickelt sich schnell.
Augmented Reality (AR) und mobile Endgeräte
HMIs sind nicht mehr auf ein festes Panel beschränkt. Tablets, Smartphones oder AR-Brillen ermöglichen, Maschineninformationen direkt im Feld einzublenden. Das ist besonders hilfreich für Service und Wartung.
Individuelle Dashboards
Moderne HMIs bieten rollenbasierte Ansichten, die sich auf die jeweilige Aufgabe zuschneiden lassen - vom Maschinenbediener bis zur Produktionsleitung.
Robustheit und Nachhaltigkeit
Da Panels in rauen Umgebungen laufen, gewinnen langlebige Hardware, modulare Upgrades und energieeffiziente Systeme an Bedeutung.
In unseren Projekten beobachten wir: Nutzerzentrierung rückt noch stärker in den Fokus. Bediener:innen wollen HMIs, die so intuitiv und flexibel sind wie die Apps, die sie privat nutzen, nur eben angepasst an die Anforderungen einer Produktionshalle.
Ein wirklich gutes HMI entsteht nur, wenn Entwicklung und Design eng zusammenarbeiten. Unsere Erfahrung zeigt: Erst wenn UX- und UI-Designer:innen von Anfang an einbezogen sind, wird aus einer funktionierenden Oberfläche ein Werkzeug, das Menschen in ihrem Arbeitsalltag wirklich unterstützt, weil sie die Maschine nicht nur effizient, sondern auch gerne bedienen.”
Jann Trauernicht, Business Manager Industry
Fazit: HMI als zentrale Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine
Ein leistungsfähiges HMI ist kein Randthema, es ist die Schnittstelle, über die Menschen täglich mit komplexer Technik arbeiten. Deshalb entscheidet gutes HMI-Design nicht über Ästhetik, sondern über Effizienz, Sicherheit und Akzeptanz.
Ein nutzerzentrierter Entwicklungsansatz sorgt dafür, dass Oberflächen verständlich bleiben, Informationen klar priorisiert sind und Fehlbedienungen vermieden werden. UX- und UI-Design werden damit zu echten Produktivitätsfaktoren. Das gilt sowohl für die Bediener:innen als auch für den Service.
Technisch betrachtet zahlt sich ein HMI-Konzept dann aus, wenn es offen, wartbar und langfristig erweiterbar ist. Systeme, die schon in der Planung auf flexible Architekturen und gängige Standards setzen, bleiben updatefähig und lassen sich auch in zukünftige Plattformen integrieren.
Unserer Erfahrung nach führt die Verbindung aus Nutzerzentrierung, durchdachtem Design und stabiler Architektur zu HMIs, die nicht nur funktionieren, sondern verstanden werden – und genau das macht den Unterschied im Maschinenalltag.
Mehr Fragen zum Thema Human Machine Interface?
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