Make or Buy: Wann Individualsoftware im Gesundheitswesen hilft
In diesem Artikel zeigen wir, wo Individualsoftware im Gesundheitswesen den Unterschied macht und wann maßgeschneiderte Lösungen die reale Versorgungsrealität besser abbilden.
Standardisiert gedacht. Individuell gefordert.
Ein Kind wird eingeliefert. Die Pflegekraft öffnet die Dokumentationssoftware: standardisiert, geprüft, einsatzbereit. Doch schnell wird klar: Diese Anwendung wurde für Erwachsene entwickelt. Kein Feld für den Kopfumfang, keine Dosierung nach Gewicht, kein Platz für Inkubatoren. Was wie ein Einzelfall wirkt, ist vielerorts Alltag. Die Software passt nicht zur Realität, also wird improvisiert, dokumentiert wird doppelt, Abläufe werden um die Technik herumgebaut. In solchen Momenten wird spürbar: Was Versorgung wirklich braucht, ist eine Lösung, die sich flexibel an Menschen, Prozesse und Situationen anpasst.
In diesem Beitrag zeigen wir, wann Standardsoftware an ihre Grenzen kommt und wie Individualsoftware dort weiterdenkt, wo der Alltag beginnt.
Hier spielt Individualsoftware ihre Stärken aus
Sobald Prozesse von der Norm abweichen, sei es durch medizinische Spezialisierung, interdisziplinäre Zusammenarbeit oder besondere Patient:innengruppen, geraten Standardlösungen schnell an ihre Grenzen. Anpassungen sind oft teuer, unflexibel und greifen tief in eingespielte Abläufe ein. In vielen Gesundheitseinrichtungen sind Prozesse über Jahre gewachsen, angepasst an den Alltag, die Teams, die Patient:innen. Diese Realität lässt sich kaum in generische Softwaremasken pressen. Individuelle Lösungen setzen genau dort an: Sie integrieren sich in bestehende Systeme, bilden fachliche Besonderheiten ab und orientieren sich am echten Versorgungsalltag.
Ein weitverbreiteter Irrtum: Individualsoftware sei nur dann sinnvoll, wenn auch die Dokumentation individuell ist. Tatsächlich geht es um mehr, nämlich um die Vielfalt an Rollen, Abläufen und Anforderungen, die je nach Setting stark variieren. Struktur bleibt wichtig. Doch wie, wann und von wem dokumentiert wird, unterscheidet sich besonders in mobilen, multiprofessionellen oder spezialisierten Teams.
Hier wird sichtbar, wann Standard an seine Grenzen stößt:
Pädiatrie
In der Kindermedizin zeigt sich schnell, wie wenig Standardsysteme mitdenken: Felder für Kopfumfang fehlen, altersgerechte Entwicklungsdaten lassen sich nicht nachvollziehen und medikamentöse Dosierungen nicht an das Gewicht anpassen. Für pädiatrische Teams ist das keine Ausnahme, sondern Alltag. In solchen Momenten merken diese Teams sofort: Diese Software wurde nicht für uns entwickelt, sondern übergestülpt. Eine individuelle Lösung denkt die fachlichen Anforderungen von Anfang an mit.
Reha
Auch in interdisziplinären Reha-Settings oder spezialisierten Behandlungspfaden stoßen generische Systeme an ihre Grenzen. Dort arbeiten nicht nur verschiedene Fachrichtungen interdisziplinär zusammen, auch die Wege, wie dokumentiert, entschieden und gehandelt wird, sind dynamischer. Standardsoftware stößt hier schnell an Grenzen: feste Masken, starre Rollenlogiken, fehlende Übergabestrukturen. Eine maßgeschneiderte Lösung passt sich dem Versorgungsalltag an, statt Prozesse zu verbiegen.
Psychiatrie
In psychiatrischen Tageskliniken sind standardisierte Elemente wie Diagnosen oder Medikationspläne nur ein Teil der Versorgung. Ebenso wichtig sind Verlaufsbeobachtungen, Gruppendynamiken, psychosoziale Einschätzungen oder die Einbindung von Angehörigen. Diese Informationen brauchen Spielraum, etwa für narrative Notizen, kontextabhängige Bewertungsskalen oder individuell konfigurierbare Formulare. Eine individuelle Softwarelösung macht diesen Spielraum nutzbar, ohne auf Struktur zu verzichten.
Individualsoftware wird dort relevant, wo die Versorgungsrealität komplexer ist als das, was Standardlösungen abbilden können. Sie orientiert sich nicht an einem theoretischen Prozessmodell, sondern an den tatsächlichen Anforderungen im klinischen Alltag.”
Konrad Fenderich, Business Manager HealthTech
Fazit: Individuell, wenn der Alltag es verlangt
Individualsoftware ist keine Ausnahme, sondern dort notwendig, wo Standardlösungen nicht mit der Realität Schritt halten. Immer dann, wenn Prozesse komplex, Rollen vielfältig und Anforderungen dynamisch sind, braucht es digitale Lösungen, die sich anpassen, nicht solche, an die man sich anpassen muss. Individuelle Lösungen entstehen also nie im luftleeren Raum. Sie entwickeln sich aus dem Alltag heraus, gemeinsam mit den Menschen, die sie später nutzen. Und genau deshalb funktionieren sie: Weil sie nicht alles neu machen, sondern das, was gut läuft, gezielt digital unterstützen.
Im nächsten Teil der Serie zeigen wir, wie sich das Beste aus beiden Welten verbinden lässt, mit hybriden Modellen, die auf Standards aufbauen und gleichzeitig Raum für Individualität schaffen.
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