14. Mai 2025, vonJanna Spanke, Peter Riedemann & Juliane LodermeyerinAgriTech & Agilität

Wie sich Know-how im Projektalltag teilen, sichern und weiterentwickeln lässt

Im ersten Teil dieser Reihe haben wir uns gefragt, warum viele Softwareprojekte mit externen Partnern gar nicht erst starten, obwohl der Bedarf groß ist. Die Sorge, dabei wertvolles Wissen zu verlieren, ist real. Und sie hält viele Unternehmen zurück.

 Aber was passiert, wenn man den Schritt trotzdem geht? Wenn das Projekt beginnt, das Setup steht und die Zusammenarbeit startet? Spätestens dann zeigt sich: Wissen bleibt nicht von allein. Es braucht Strukturen, Methoden und echtes Miteinander.

In diesem Beitrag schauen wir deshalb konkret auf die Praxis: Was passiert nach dem Projektstart und wie gelingt es, Know-how im Team zu halten, zu teilen und weiterzuentwickeln?

Wir sprechen über Zusammenarbeit im Alltag, über Dokumentation, agile Routinen und werfen auch einen Blick in Branchen, in denen Software über viele Jahre hinweg tragfähig bleiben muss, zum Beispiel im Agrarbereich.

Warum Wissen im Projektalltag verschwindet

In vielen Projekten ist es nicht das große Chaos, das zum Wissensverlust führt, sondern die kleinen Lücken im Alltag. Entscheidungen, die nicht dokumentiert werden. Fachliche Zusammenhänge, die nur mündlich erklärt werden. Technische Workarounds, die irgendwann niemand mehr ganz nachvollziehen kann. Nicht aus Nachlässigkeit, sondern weil es oft schnell gehen muss.

Besonders in Projekten, die über Jahre hinweg weiterentwickelt werden, mit wechselnden Teams, neuen Anforderungen und sich verändernden Rahmenbedingungen, wird deutlich, wie wichtig es ist, Know-how frühzeitig und bewusst zu sichern. Sonst droht es, mit der Zeit zu verschwinden.

Deshalb braucht es Strukturen, die Wissen nicht nur ablegen, sondern im Alltag zugänglich machen. Eine Zusammenarbeit, die auf gezieltes Wissensmanagement setzt, nicht erst dann, wenn jemand fragt, sondern bevor Wissen verloren gehen kann.

Gerade im Landwirtschaftsbereich geht es um Software, die auch in fünf oder zehn Jahren noch mit neuen Maschinen und Anforderungen funktioniert. Dieses Langfristdenken spüren wir bei vielen unserer Kunden und genau daran knüpfen wir unsere Zusammenarbeit.”

Janna Spanke, Business Manager AgriTech

Wie Zusammenarbeit Wissen sichtbar macht

Wissen verschwindet nicht über Nacht, es wird Stück für Stück unsichtbar. Wenn es nicht geteilt wird. Wenn es in Tickets steht, aber nicht im Team ankommt. Wenn es in Köpfen bleibt, statt im Alltag gelebt zu werden.

Was sich für uns bewährt hat, sind Methoden, die das Wissen dorthin bringen, wo es gebraucht wird: ins Team, in den Austausch, in den Alltag.

Ein Beispiel ist Pair Programming. Zwei Personen entwickeln gemeinsam, am selben Feature, mit denselben Anforderungen, im gleichen Code. Das bedeutet nicht doppelte Arbeit, sondern geteiltes Verständnis. Wer zusammen arbeitet, spricht über Lösungen, denkt laut, erklärt sich gegenseitig. Dieses Wissen wandert ganz automatisch von einer Person zur anderen.

Ähnlich funktioniert es mit Code Reviews. Bevor Code zusammengeführt wird, schaut jemand aus dem Team noch einmal mit drauf. Nicht nur zur Kontrolle, ob beispielsweise alle Akzeptanzkriterien eingehalten sind, sondern auch, um gemeinsam zu verstehen: Was wurde warum so gelöst? Gibt es Alternativen? Was bedeutet das für spätere Erweiterungen?

Darüber hinaus gibt es Formate wie Open Sessions. Offene Slots im Sprint, in denen Architekturfragen, technologische Entscheidungen oder fachliche Anforderungen diskutiert werden. Besonders in Projekten mit komplexer technischer Infrastruktur, etwa wenn Maschinenlogik, Plattformarchitektur und Schnittstellen zusammenspielen, sind diese Formate Gold wert. Sie schaffen Räume für echtes Verständnis über Rollen hinweg.

Viele Unternehmen setzen zudem auf stabile Teamstrukturen mit geringer Fluktuation, verteiltem Wissen und nachhaltiger Zusammenarbeit. Gerade im Vergleich zu Freelancern oder internen Ein-Expert:innen-Lösungen ist ein eingespieltes externes Team hier sogar ein Vorteil.

Was all diese Formate verbindet: Sie sind kein Add-on. Sie sind Teil des Alltags und machen Wissen sichtbar, bevor es verloren gehen kann.

Dokumentation, die wirklich hilft

Wenn es um Know-how-Verlust geht, wird oft zuerst über fehlende Dokumentation gesprochen. Und ja, sie spielt eine Rolle. Aber das Problem ist nicht, dass niemand dokumentiert. Sondern, dass Doku oft erst am Ende gedacht wird. Als Nachtrag oder als Extra, aber genau dann verliert sie ihren Wert.

Unsere Erfahrung zeigt: Dokumentation hilft nur dann, wenn sie im Projekt mitläuft. Wenn sie nicht nebenher entsteht, sondern Teil des Prozesses ist. Eine Definition of Done (DoD) schafft genau das. Sie gibt dem Team Sicherheit: Wir haben nicht nur etwas gebaut, sonder es verständlich gemacht. Möglich ist das, indem die DoD klar festlegt, was als „fertig“ gilt, inklusive fachlicher Beschreibung, technischer Begründung, den zugehörigen Architekturentscheidungen sowie der Implementation automatisierter Tests.

Gerade in langfristigen Softwareprojekten, etwa im Agrarbereich, ist das zentral. Denn Systeme laufen hier über viele Jahre hinweg. Wer dann zurückblickt, braucht mehr als nur Code. Es geht nicht nur darum, wie etwas umgesetzt wurde, sondern auch darum, warum es so umgesetzt wurde. Dies ermöglicht es, Domänenwissen direkt am Code einfließen zu lassen.

Diesen Kontext kann gute Dokumentation liefern, wenn sie früh mitgedacht wird. Nicht als Bürokratie. Sondern als Einladung, später noch mitdenken zu können.

Die Definition of Done ist für uns ein echtes Qualitäts-Gateway. Sie sorgt nicht nur dafür, dass Features funktionieren, sondern dass sie wartbar sind. Dass sie dokumentiert sind. Und dass andere im Team verstehen, warum bestimmte Entscheidungen getroffen wurden. So schaffen wir Struktur und sichern Wissen im Alltag.”

Peter Riedemann, Business Manager AgriTech

Agilität als Haltung und Methode

Agilität wird oft als Set von Meetings verstanden: Daily, Review, Planning. Aber das ist nicht der Punkt. Was zählt, ist die Haltung dahinter und was sie mit Wissen macht.

In einem agilen Setup bleibt Wissen nicht an Übergaben hängen. Es fließt kontinuierlich über kurze Iterationen, regelmäßigen Austausch, transparente Entscheidungen. Wissen wird nicht gesammelt und abgelegt. Es wird geteilt, diskutiert, hinterfragt. Im Doing, nicht am Ende.

Besonders in Projekten oder Produkten mit langem Lebenszyklus, wie wir sie aus dem Agrarbereich gut kennen, ist das ein echter Vorteil. Denn dort verändern sich Anforderungen nicht schlagartig, sondern Stück für Stück. Neue Maschinengenerationen, geänderte Schnittstellen, angepasste Prozesse. Wer dann agil arbeitet, erkennt Veränderungen früh und kann Wissen laufend anpassen. Ohne große Übergaben, ohne Wissensbrüche.

Wir bei slashwhy arbeiten mit einem besonders hohen agilen Reifegrad. Für uns ist Agilität nicht nur Methode, sondern auch Mindset. Das spürt man im Projektalltag: bei der Zusammenarbeit, in der Kommunikation, im Umgang mit Veränderungen.

Wissen bleibt nur, wenn beide Seiten mitgehen

Auch die beste Doku, der sauberste Prozess, das transparenteste Setup hilft wenig, wenn das Projekt auf einer Seite allein getragen wird. Das passiert schneller, als man denkt, zum Beispiel, wenn auf Kundenseite zwar viel fachliches Wissen da ist, es im Projekt aber nicht präsent ist. Wenn Rückfragen nicht geklärt werden. Wenn Details fehlen, die für das Entwicklungsteam entscheidend wären.

Was hilft, ist kein zusätzlicher Prozess, sondern Beteiligung. Ein gut eingebundener Product Owner kann hier den Unterschied machen: nicht als Kontrollinstanz, sondern als Bindeglied zwischen interner Fachlichkeit und externer Entwicklung. Zudem wird in hybriden Teams, also wenn Entwickler:innen vom Kunden und vom externen Dienstleister gemeinsam arbeiten, viel Wissen im operativen Alltag geteilt.

So entsteht ein echter Wissensaustausch, nicht nur in eine Richtung. Und das Know-how bleibt nicht nur erhalten, sondern wächst dort, wo es gebraucht wird: im Unternehmen selbst.

Unser Fazit: Wissen wächst, wenn man es teilt

Know-how-Verlust ist kein technisches Problem. Es ist eine Frage der Zusammenarbeit, der Haltung und des Setups, mit dem man ein Projekt angeht. Wer auf Zusammenarbeit setzt, muss auch bereit sein, Wissen zu teilen. Nicht erst bei der Übergabe, sondern vom ersten Sprint an.

In unserer Erfahrung entsteht nachhaltiges Wissen genau dort, wo Menschen zusammenarbeiten, nicht nebeneinander. Wo Verantwortung geteilt wird. Wo Entscheidungen nachvollziehbar sind. Wo Fragen nicht aufgeschoben, sondern gemeinsam geklärt werden.

In Softwareprojekten im Agrarbereich, die über viele Jahre hinweg laufen, ist das keine Nebensache. Es ist die Grundlage dafür, dass Lösungen auch morgen noch tragfähig sind, technisch wie fachlich.

Wissen bleibt nicht von allein. Aber es bleibt, wenn man es gemeinsam hält.

Über die Autoren

  • janna-spanke

    Über Janna Spanke

    Janna Spanke ist Business Manager bei slashwhy und immer auf der Suche nach sinnstiftenden Softwareprojekten – besonders in den Bereichen Agritech und Food. Mit einem Background in Soziologie bringt sie frische Perspektiven in die Tech-Welt und hat ein besonderes Talent dafür, Menschen an einen Tisch zu bringen und gemeinsam praktikable Lösungen zu finden. Ihre Energie und Offenheit helfen ihr dabei, sich schnell in neue Themen einzuarbeiten und Verbindungen dort zu schaffen, wo andere noch Grenzen sehen.

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    Über Peter Riedemann

    Peter Riedemann ist Business Manager bei slashwhy. Mit seinem Background als studierter Software-Engineer kennt er die alltäglichen Herausforderungen in der agilen Produkt- und Softwareentwicklung aus eigener Erfahrung. Heute bringt er dieses Verständnis in Projekte ein, die nachhaltige Lösungen in Agrar- und Food-Tech möglich machen. Er denkt gern über den Tellerrand hinaus, vernetzt Menschen und sucht nach Lösungen, bei denen alle gewinnen. Sein Ziel: mit Technologie einen Beitrag zur Ernährung der Zukunft leisten.

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    Über Juliane Lodermeyer

    Juliane Lodermeyer ist Teil des Marketingteams bei slashwhy und gestaltet Inhalte rund um nutzerzentrierte Softwareentwicklung sowie aktuelle Tech-Trends. Mit ihrem Gespür für Storytelling bringt sie frischen Wind in Blogartikel und Social-Media-Kampagnen. Ihre Erfahrung im digitalen Content-Umfeld und ihr akademischer Fokus auf Technologie und Zukunftsstrategien machen sie zur Schnittstelle zwischen Kommunikation und Innovation.