Gerätevernetzung im Smart Home

Von Bluetooth Mesh bis Cloud – moderne Standards und erstklassige UX als Erfolgsfaktoren

vonChristoph FriedrichinSmart Home, Technology & Consumer Electronics

Immer Ärger mit dem Pairing

Ob Lichtschalter, Kaffeevollautomat, Waschmaschine oder Alarmanlage: Wer schon mal ein smartes Produkt für den Consumer-Markt entwickelt hat, weiß, wie herausfordernd die Gerätevernetzung in der Praxis sein kann. Endnutzer:innen erwarten in der Regel eine Plug-and-Play-Erfahrung. Die Einbindung und Inbetriebnahme des neuen Geräts soll so einfach und intuitiv sein wie die Interaktion mit meinem Smartphone, das ich täglich nutze. Doch alte WLAN-Router, massive Betonwände oder fehlendes technisches Know-how können schnell zum Showstopper werden, wenn die Heterogenität der User und ihrer technischen Infrastrukturen nicht bereits bei der Entwicklung mitgedacht wurde. Nicht alle Anwender:innen wissen, wie sie ein neues Gerät ins heimische WLAN integrieren sollen, und verzweifeln schon beim ersten Pairing-Schritt. Andere User wiederum steuern längst eine Vielzahl verschiedener smarter Geräte über ein zentrales Gateway, konfigurieren komplexe Routinen und ärgern sich, wenn das neue Gerät nicht sauber integriert werden kann oder die Konfigurationsmöglichkeiten stark eingeschränkt sind. In allen Fällen entsteht schnell eine negative User Experience (UX) und der Hersteller fragt sich: Warum hagelt es plötzlich negatives Feedback, obwohl doch in der Entwicklungsumgebung alles einwandfrei funktionierte?

Ohne UX läuft nix

Das Pairing – also das Einrichten und Verbinden neuer Geräte mit dem Heimnetz oder mit anderen Komponenten – ist neben der UI häufig die erste Erfahrung, die ein:e Nutzer:in mit einem smarten Produkt macht. Gleichzeitig ist das Pairing oft die erste Hürde. Läuft dieser Schritt intuitiv und stabil ab, entsteht sofort eine positive User Experience und somit auch die erste Gelegenheit, ein positives Feedback zu erhalten. Bleibt man dagegen schon bei der Inbetriebnahme hängen, ist Frust vorprogrammiert – und der entlädt sich meist in negativen Rezensionen, schlechten App-Store-Bewertungen oder auch in kritischen Testberichten. Auch eine intuitive Nutzerführung und auf unterschiedliche Nutzergruppen zugeschnittene Konfigurationsmöglichkeiten sind entscheidend, um die Anwender:innen für das Produkt zu begeistern. Gerade im Consumer-Bereich hat die UX enormen Einfluss auf den Markterfolg eines Produkts. Grund genug also, diesem Thema besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Hervorragende UX bedeutet in diesem Zusammenhang vor allem:

  • Einfache Inbetriebnahme ohne Spezialwissen

  • Selbsterklärende Bedienkonzepte in App oder Webinterface

  • Schnelle Fehlersuche durch hilfreiche Hinweise und automatische „Selbstheilung“ bei Störungen

  • Nahtlose Einbindung in unterschiedliche technische Umgebungen – vom alten WLAN-Router bis zum Multi-Plattform-Gateway

  • Möglichkeit, herstellerübergreifende Steuerzentralen wie Apple HomeKit, Google Home oder auch Home Assistant auf Basis von vereinheitlichten Protokollen wie Matter zu nutzen

In zahlreichen Projekten haben wir bei slashwhy gelernt, welche Aspekte es für eine überzeugende User Experience zu berücksichtigen gilt – von der Wahl des passenden Kommunikationsprotokolls bis hin zum sicheren Umgang mit Edge Cases wie beispielsweise Firmware- bzw- Softwareinkompatibilitäten oder intermittierende WiFi-Verbindungen. Smart-Home-Anwendungen müssen eine gewisse Robustheit und Stabilität aufweisen. Wenn mal ein Fehler auftritt, darf das nicht dazu führen, dass es zu einem Totalausfall kommt.

Bluetooth Mesh, WiFi oder Cloud?

Die Technologiefrage stellt sich gleich zu Beginn eines Smart-Home-Projekts: Welches Kommunikationsprotokoll passt am besten zu unserem Produkt und zu den Bedürfnissen unserer Nutzer:innen? Wer sein Produkt langfristig erfolgreich positionieren will, muss frühzeitig sowohl technische als auch ökonomische Faktoren abwägen. Es existieren heute zahlreiche, teils spezialisierte Standards für unterschiedliche Einsatzzwecke: Sollen große Datenmengen übertragen werden, müssen Geräte von unterwegs steuerbar sein, sind Verschlüsselung und Datensicherheit wichtige Anforderungen oder steht Energieeffizienz im Mittelpunkt? Jede Technologie bringt eigene Hardware-Anforderungen, Lizenzkosten oder Entwicklungskosten mit sich. Gerade bei umfangreichen Produktlinien oder hohen Stückzahlen kann es einen großen Unterschied machen, ob man einen teuren WLAN-Chipsatz verbaut wird oder auf ein energieeffizienteres, aber lizenzpflichtiges Protokoll setzt. Kein Wunder also, dass die Technologiewahl schnell komplex wird.

Hier ein kurzer Überblick über gängige Kommunikationsstandards und Technologien im Bereich Smart Home:

  1. WiFi (WLAN)

    • Vorteile: Weit verbreitet, hohe Datenraten, direkte Cloud-Anbindung meist unkompliziert.

    • Nachteile: Relativ hoher Energieverbrauch, setzt bestehende WLAN-Infrastruktur voraus.

  2. Bluetooth (insbesondere Bluetooth Low Energy und Bluetooth Mesh)

    • Vorteile: Stromsparend, geeignet für batteriebetriebene Geräte, Mesh-Varianten ermöglichen zuverlässige Vernetzung vieler Komponenten.

    • Nachteile: Begrenzte Reichweite, oft noch ein Gateway oder Bridge nötig, wenn Cloud-Anbindung gewünscht ist.

  3. Zigbee

    • Vorteile: Mesh-Netzwerk, ideal für Smart-Home-Szenarien mit vielen Sensoren/Aktoren.

    • Nachteile: Meist zusätzliche Bridges oder Gateways nötig, teils herstellergebundene Varianten.

  4. Kabelgebundene Systeme (KNX, DALI u. a.)

    • Vorteile: Industrie- und Gebäude-Standard, sehr stabil und bewährt, ideal für professionelle Gebäudeinstallationen.

    • Nachteile: Hoher Installationsaufwand, oft nur mit Fachpersonal umsetzbar, weniger flexibel für nachträgliche Erweiterungen.

  5. Cloud-Lösungen

    • Vorteile: Ermöglichen Fernzugriff von überall, Updates & Services sind flexibel integrierbar.

    • Nachteile: Abhängigkeit von Internetverbindung und externen Cloud-Servern, Datenschutz- und Sicherheitsfragen müssen klar geregelt sein.

Es gibt im Bereich Smart Home kein universell perfektes Protokoll – vielmehr muss immer die individuell am besten passende Lösung für den jeweiligen Case gefunden werden. Wer viele Daten überträgt oder permanente Online-Funktionen benötigt, wählt WLAN. Für einen notwendigen Fernzugriff bieten sich Cloud-Lösungen an. Wer auf Energieeffizienz und viele (kleine) Devices setzt, wird sich eher für Bluetooth Low Energy, Bluetooth Mesh oder Zigbee entscheiden. Für professionelle Gebäudeinstallationen haben sich kabelgebundene Lösungen wie beispielsweise KNX und DALI etabliert. Zukunftsweisende Standards wie Matter, die herstellerübergreifende Interoperabilität versprechen, gewinnen zudem rasant an Bedeutung. Hier lohnt sich ein genauer Blick auf mögliche Entwicklungen, um das eigene Produkt möglichst „zukunftssicher“ aufzustellen – denn in einem hochdynamischen Markt ist es oft der offene und flexible Ansatz, der auf lange Sicht den Unterschied macht. Wer sein Produkt in ein umfassendes Smart-Home-Ökosystem integrieren möchte, muss zudem eine herstellerübergreifende Interoperabilität sicherstellen.

Per Gateway in die Zukunft

Moderne Smart-Home-Lösungen basieren oft auf einem Mix verschiedener Kommunikationsprotokolle – und hier spielen Gateways eine zentrale Rolle. In der Praxis können Bluetooth-Low-Energy-Geräte nicht direkt mit WiFi-Komponenten kommunizieren und interagieren, sondern benötigen dafür zusätzliche Schnittstellen oder Gateways. Ein Gateway fungiert hier als Schnittstelle, indem es Daten aus einem Protokoll empfängt und in ein anderes übersetzt. Diese technische Übersetzung ist essenziell, um die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten eines vernetzten Systems voll auszuschöpfen.

Systeme wie homee demonstrieren, wie unterschiedliche Protokolle in einer einheitlichen Lösung gebündelt werden können – so kann der User über eine zentrale Schnittstelle auf Klimaanlagen, Schließsysteme oder andere Smart-Home-Komponenten zugreifen. Darüber hinaus spielen Sicherheitsaspekte eine immer wichtigere Rolle: Gateways können als zentrale Sicherheitskontrollpunkte dienen, indem sie Datenströme überwachen und unerwünschte Zugriffe blockieren.

Auch wenn uns heute vielleicht noch kein Szenario einfällt, in dem das Auto mit dem Kühlschrank kommuniziert, zeigen die Entwicklungen deutlich, dass die Grenzen zwischen einzelnen Geräten zunehmend verschwimmen. Offene Standards wie Matter werden diesen Trend weiter vorantreiben und die Rolle der Gateways als Drehscheibe der Interoperabilität stärken. Gateways sind mehr als nur technische Übersetzer – sie schaffen eine nahtlose Integration aller Komponenten und entfalten so das volle Potenzial vernetzter Systeme, sei es im Smart Home, in Smart Cars, Smart Cities oder in Bereichen wie Smart Energy und Smart Healthcare.

Smart Home smart entwickeln

In der Consumer Electronics Crew bei slashwhy verstehen wir uns als Entwicklungspartner für Unternehmen, die ihr Produkt smart machen möchten – oder bereits smarte Lösungen anbieten und diese weiterentwickeln wollen. Das können Lösungen im Bereich der Gebäudeautomatisierung sein, Haushaltsentgeräte, die smarte Features haben, aber auch fest verbaute Komponenten wie Schalter, Verschattungen oder Klimatisierungen. All das braucht Software, um miteinander und auch häufig mit dem Smartphone zu interagieren und zu kommunizieren und um am Ende zu funktionieren. Unser Anspruch ist dabei, ein tiefes Verständnis für den Business Case ebenso wie für die Bedürfnisse der User zu erlangen und darauf basierend die bestmögliche Lösung für unsere Kunden zu entwickeln.

Dabei können wir unsere Kunden auf vielfältige Weise unterstützen:

  • Beratung zur Protokoll-Auswahl
    Wir helfen bei der Entscheidung, welche Technologie (oder Kombination) am besten zur Produktidee passt.

  • Gateway- und Schnittstellen-Entwicklung
    Wir entwickeln maßgeschneiderte Softwarelösungen für Gateways und Integrationen, die das Zusammenspiel verschiedener Protokolle (z. B. Bluetooth Mesh, Zigbee, KNX, DALI, WiFi) ermöglichen.

  • Cloud-Anbindung
    Wir entwickeln sowohl Lösungen mit einem Hybrid-Ansatz (mit Online- und Offline-Funktionalität) als auch reine Cloud-Optionen, ganz nach deinen Bedürfnissen. Dabei gewährleisten wir sichere Datenverbindungen und eine zuverlässige Skalierbarkeit, unabhängig von der gewählten Architektur.

  • UX-Design & App-Entwicklung
    Wir legen großen Wert auf Usability. Dazu gehören ein stabiler Pairing-Prozess, intuitive Benutzerführung und das „gewisse Extra“ für eine positive Nutzererfahrung.

Wie unterschiedlich die Anforderungen und dementsprechend die Lösungen im Bereich Smart Home sein können, zeigen zwei konkrete Beispiele:

Für unseren Kunden Oase haben wir u.a. im Bereich Aquaristik eine Lösung mit "doppeltem Boden" realisiert. Zum einen ist es möglich, die Aquarien von unterwegs über eine Cloud zu überwachen und zu steuern. Zum anderen erwarten die Nutzer:innen, dass ein reibungsloser Betrieb auch ohne Internetverbindung über das lokale WLAN sichergestellt ist. Zusätzlich wurde eine Anbindung an die wichtigsten Sprachassistenten geschaffen, sodass sich komplexe Routinen bequem per Sprachbefehl konfigurieren lassen.

Der Hersteller JUNG – bekannt für Lösungen in den Bereichen Licht, Beschattung, Klima, Energie, Sicherheit, Türkommunikation und Multimedia – setzte hingegen auf den Kommunikationsstandard Bluetooth Mesh. Das System benötigt keine dauerhafte Internetverbindung, ist dezentral organisiert und kann sowohl in Neubauten als auch in Bestandsgebäuden robust und energieeffizient eingesetzt werden.

Quo Vadis, Gerätevernetzung?

Doch wohin entwickelt sich der Smart-Home-Markt in puncto Gerätevernetzung? Was müssen Hersteller in Zukunft unbedingt berücksichtigen, um konkurrenzfähig zu bleiben?

Eine Anbindung an Smart Speaker wie Alexa, Google Assistant oder Siri ist mittlerweile "State of the art" und sollte frühzeitig mitgedacht werden. Smart Speaker bilden einen wichtigen Zugangspunkt zur Gerätevernetzung, weil sie eine intuitive, sprachbasierte Bedienung ermöglichen. Viele Anwender:innen erwarten schon heute, dass sie Geräte bequem per Zuruf steuern können. Die kommende Generation der Nutzer:innen ist bereits mit Sprachassistenten aufgewachsen - die Anforderungen werden dementsprechend steigen. KI wird hier für weitere Technologiesprünge sorgen, beispielsweise indem die KI künftig auf Basis von Nutzungsstatistiken und Sensor-Daten proaktiv Vorschläge macht („Möchtest du das Licht dimmen, weil gerade die Sonne untergeht?“) oder die Einrichtung komplexer Szenarien vereinfacht. KI-basierte Sprachassistenten könnten künftig auch beim Pairing unterstützen, indem sie Fehlermeldungen verschiedener Geräte aggregieren und Lösungen vorschlagen. So würden Anwender:innen bei Problemen proaktiv unterstützt, ohne dass sie mühsam Anleitungen durchforsten müssen. Durch KI-gesteuerte Sprachassistenten wird der Bedienkomfort definitiv spürbar steigen, was der wachsenden Erwartungshaltung der Nutzer:innen gerecht wird.

Ein weiterer Trend geht klar in Richtung herstellerübergreifender Interoperabilität und zentraler Gateways. Offene Ökosysteme werden künftig zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor, denn Nutzer:innen möchten Produkte verschiedener Marken flexibel kombinieren und erwarten, dass alles reibungslos zusammenarbeitet. Für Hersteller wird es daher immer wichtiger, sich zu öffnen und gängige Standards wie Matter zu unterstützen, um verschiedene Komponenten nahtlos miteinander zu vernetzen.

Darüber hinaus gewinnen zusätzliche Services (etwa Wartungsassistenten, Rezeptideen oder KI-gestützte Bedienhilfen) sowie Energieeffizienz zunehmend an Bedeutung. Das umfasst beispielsweise energieeffiziente Funkstandards, optimierte Stromnutzung für Cloud-Services und smarte Helfer, die beim Energiesparen unterstützen. Mit jeder neuen Funktion steigen jedoch auch die Anforderungen an eine durchdachte User Experience. Eine Lösung, die zwar technisch ausgefeilt ist, sich aber nur kompliziert einrichten oder bedienen lässt, verspielt schnell ihr Potenzial – und damit wichtige Marktchancen.

Fazit

Das Thema Gerätevernetzung ist ein zentraler Baustein in der Smart-Home-Strategie jedes Herstellers – es beeinflusst unmittelbar die Zufriedenheit der Nutzer:innen, die Markenreputation und letztlich den Markterfolg. Entscheidend sind die Wahl der richtigen Technologie(n), eine hohe Interoperabilität, die Bereitstellung einzigartiger Features, die die Bedürfnisse der Nutzer:innen treffen sowie ein intuitiv nutzbares und ansprechendes Design, um eine optimale User Experience zu kreieren.

Die Zukunft der Gerätevernetzung im Smart Home ist offen, vernetzt und von Sprach- sowie KI-Technologie geprägt. Wer sich als Hersteller zukunftssicher aufstellen will, muss sich bereits zu einem frühen Zeitpunkt im Projekt für die passenden Kommunikationsstandards entscheiden, eine erstklassige User Experience bieten und offene Ökosysteme unterstützen. Genau hier setzen wir bei slashwhy an: Wir begleiten Unternehmen von der initialen Technologieentscheidung, über User Reasearch und UX Design bis zur Entwicklung passgenauer und nutzerzentrierter Softwarelösungen. Auf diese Weise schaffen wir smarte Produkte, die Nutzer:innen begeistern – und sich auch in einem dynamischen Markt behaupten.

Klingt spannend?

Du willst mehr über unsere Lösungen im Bereich Gerätevernetzung erfahren oder gemeinsam ein Projekt starten?

Sprich uns gern an – wir freuen uns darauf, gemeinsam neue Ideen für dein smartes Produkt zu entwickeln!

Über den Autor

  • christoph-friedrich-business-manager-consumer-electronics-slashwhy

    Über Christoph Friedrich

    Christoph ist Business Manager in der Consumer Electronics Crew und brennt für die Verbindung von Technologie und Nutzerbedürfnissen. Mit seinem ingenieurwissenschaftlichen Verständnis setzt er sich bei slashwhy dafür ein, Softwarelösungen zu entwickeln, die nicht nur technisch beeindruckend, sondern vor allem praxisnah und intuitiv nutzbar sind.