Ambidextrie der Energiewende: Hightech trifft Handschlag
Die Digitalisierung verändert die Energiewirtschaft von der Projektplanung über Genehmigungsverfahren bis zur Kommunikation mit Bürger:innen und Behörden. Bei "Hasewind Digital – powered by slashwhy" haben wir mit Michael Krieger darüber gesprochen, wie sich digitale Effizienz und analoge Kommunikation gegenseitig ergänzen und warum beides entscheidend ist, um Energieprojekte erfolgreich umzusetzen.
Digitale Effizienz trifft analoge Erwartung
Die Energiewirtschaft wird immer digitaler, doch erfolgreiche Projekte entstehen nur dort, wo digitale Prozesse und analoge Kommunikation zusammenwirken. Projektentwickler:innen, die heute Windparks, Solarflächen oder Netzinfrastruktur planen, nutzen spezialisierte Software, automatisierte Auswertungstools und Datenmodelle. Gleichzeitig treffen sie in Genehmigungsverfahren auf eine Welt, die noch stark von Papier, Bürgerdialogen und persönlichen Gesprächen geprägt ist.
Zwischen Projektbüro und Gemeindesaal klafft damit oft ein kultureller und technologischer Graben. Während auf Entwicklerseite 3D-Simulationen, GIS-Daten und KI-gestützte Standortanalysen laufen, erwarten viele Bürger:innen noch Flyer, Broschüren oder öffentliche Versammlungen. Behörden fordern gedruckte Unterlagen, obwohl Projektteams längst mit digitalen Workflows arbeiten.
Doch dieser Gegensatz ist kein Nachteil, sondern Ausdruck zweier legitimer Logiken:
• Digital, wo Geschwindigkeit, Genauigkeit und Datenintegration zählen.
• Analog, wo Vertrauen, Transparenz und persönliche Nähe entscheidend sind.
„Digitalisierung“ im Kontext der Energiewende bedeutet also nicht, die analoge Welt zu verdrängen, sondern sie bewusst mit der digitalen zu verbinden. Nur so entsteht Akzeptanz in der breiten Masse und aus Technologie wird Fortschritt, der Menschen mitnimmt.
Die Unternehmen, die Projekte wirklich umsetzen, sind schon sehr digital unterwegs, stoßen aber auf eine analoge Welt. Da treffen Logiken aufeinander, die nicht immer übereinstimmen. Das würde ich aber nur bedingt als Herausforderung sehen, sondern viel eher als Spielregeln auf dem Weg zu einer erfolgreichen Energiewende. Und die Regeln kann man mit dem richtigen Bewusstsein ja gut befolgen und danach spielen.”
Michael Krieger beim "Hasewind Digital - powered by slashwhy" Barcamp
Ambidextrie als Schlüsselkompetenz der Energiewende
In der Organisationsforschung beschreibt der Begriff Ambidextrie – also Beidhändigkeit – die Fähigkeit, zwei unterschiedliche Denk- und Handlungslogiken gleichzeitig zu beherrschen. In der Energiewirtschaft bedeutet das, digitale Effizienz mit analogem Verständnis zu vereinen. Projektentwickler:innen müssen nicht nur komplexe Datenmodelle beherrschen, sondern auch gesellschaftliche und politische Prozesse verstehen, in denen Entscheidungen getroffen werden.
Das klingt selbstverständlich, ist aber eine echte Herausforderung. Denn die digitale Welt folgt der Logik von Daten, Algorithmen und Effizienz. Sie misst Erfolg in Geschwindigkeit, Genauigkeit und Skalierbarkeit. Die analoge Welt dagegen funktioniert über Vertrauen, Erfahrungswissen und den persönlichen Dialog. Dort zählen echte Begegnungen, lokale Perspektiven und individuelle Bedenken.
Beidhändigkeit heißt also in unserem Kontext:
Digital, wo Daten zählen: Planung, Simulation, Wirtschaftlichkeitsanalysen oder die Verarbeitung großer Datenmengen sollten effizient, automatisiert und reproduzierbar erfolgen. Software hilft hier, komplexe Systeme zu modellieren, Entscheidungen faktenbasiert zu treffen oder Energieströme automatisch zu steuern.
Analog, wo Vertrauen zählt: Die Kommunikation mit Bürger:innen, Gemeinderäten und Behörden sollte persönlich, empathisch und verständlich bleiben. Denn Akzeptanz entsteht nicht durch Daten, sondern durch Dialog.
Ambidextrie ist damit keine theoretische Idee, sondern eine zentrale Kompetenz für die Energiewende. Sie fordert von Unternehmen, Ingenieur:innen und Planer:innen, technische Innovation mit sozialer Intelligenz zu verbinden und beides als gleichwertige Erfolgsfaktoren zu verstehen.
Foto-Eindrücke vom "Hasewind Digital – powered by slashwhy" Barcamp in Osnabrück
Software als Brücke zwischen System und Gesellschaft
Software spielt eine entscheidende Rolle dabei, komplexe Energievorhaben nachvollziehbar zu machen. Sie verbindet technische Daten mit der Realität vor Ort und schafft eine gemeinsame Grundlage für alle Beteiligten, von Ingenieur:innen über Behörden bis zu Bürger:innen.
Ob mit interaktiven Karten, Planungsdashboards oder Simulationsmodellen: Digitale Anwendungen machen sichtbar, wie sich ein Projekt auf Landschaft, Ertrag oder Netzstabilität auswirkt. Dadurch werden Diskussionen konkreter und Entscheidungen fundierter.
Gerade in der Energiewende, wo Akzeptanz häufig über den Projekterfolg entscheidet, hilft Software dabei, komplexe Informationen verständlich zu vermitteln. Sie übersetzt Daten in ein Format, das auch außerhalb der Fachwelt greifbar ist und trägt so dazu bei, Missverständnisse zu vermeiden und Vertrauen aufzubauen.
Trotzdem bleibt klar: Technologie allein reicht nicht aus. Sie unterstützt den Dialog, ersetzt ihn aber nicht. Software liefert die Grundlage, um Gespräche klarer und faktenbasiert zu führen und wird so zu einem verbindenden Element zwischen technischer Planung und gesellschaftlicher Verantwortung.
Fazit: Digitalisierung & Energiewende mit Augenmaß
Die Energiewende lebt von technologischer Innovation, aber sie gelingt nur, wenn Daten, Prozesse und Menschen zusammenarbeiten. Digitale Systeme schaffen Transparenz, beschleunigen Abläufe und ermöglichen faktenbasierte Entscheidungen. Doch jedes Projekt braucht mehr als Software und Sensorik: Es braucht den Dialog mit den Menschen, die die Veränderungen mittragen.
Deshalb zählt beides. So digital wie nötig, so kommunikativ wie möglich.
Unternehmen, die diese Balance beherrschen, bringen Energieprojekte nicht nur technisch voran, sondern halten sie auch gesellschaftlich auf Kurs.

